Ich kann nicht mehr

Mrz 7, 2024

„Ich kann nicht mehr.“

Ich erinnere mich noch gut an eine ganz besondere Situation als ich diesen Satz einmal sagte. Als Antwort auf diese Äußerung hörte ich: „Na endlich.“

Damals lag ich im Krankenhaus und bekam mein erstes Kind. Irgendwann war ich von den Schmerzen so erschöpft, dass ich diesen Satz sagte. Für die Hebamme war das scheinbar das Signal, dass es jetzt weitergehen würde. Denn tatsächlich dauerte es nur noch eine kurze Zeit und das Kind war da.

Hast Du schon einmal gesagt, dass Du nicht mehr kannst?

Dass Deine Grenze erreicht ist?

Ich sage das selten. Ich sehe mich als Macherin, ich setze gerne Dinge um, bringe Projekte voran, hake Aufgaben auf meiner To-Do-Liste ab. So lange, es etwas zu tun gibt, kann ich ja wohl keine Pause machen, oder?!

Manchmal ist es wichtig, anderen mitzuteilen, dass die eigenen Kräfte begrenzt sind. Oder erschöpft. Dass es im Moment zuviel ist für mich. Dass eine Pause oder Hilfe von außen nötig ist.

Denn: woher sollen die anderen es denn wissen, wenn ich immer weitermache?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich etwas ändert, wenn ich mich mit meinen Grenzen, Anliegen oder auch Wünschen zeige. Wenn ich sie äußere, kommt oft Bewegung in eine Situation.

Ich gebe damit anderen Menschen die Gelegenheit, mir etwas zu geben, ihre Stärke zeigen zu können oder verborgene Talente zu entdecken. Es macht mich für andere menschlich, wenn ich auch einmal etwas nicht schaffe oder mir eine Pause gönne. 😉

Es ist so banal und doch vergesse auch ich es oft: Kommunikation hilft.

Sie kann das Miteinander leichter machen. Dann habe ich es in der Hand, eine Grenze zu ziehen, einen Wunsch zu äußern oder um Hilfe zu bitten. Ich überlasse es nicht dem Zufall, ob der andere meine Grenze wahrnimmt, mir meine Wünsche von den Augen abliest oder mir freiwillig Hilfe anbietet.

Hast Du diese Erfahrung auch schon gemacht?

Am April war ich als Teilnehmerin bei den Erlebnistagen der Traumfabrik Regensburg. Ich nahm am Workshop „Lebendiges Sprechen für Alltag und Beruf“ teil. Für eine anstehende Lesung aus meinem Buch „Ich muss dir was sagen“ wollte ich mir dort ein paar Impulse mitnehmen, wie ich die Lesung für die Zuhörer lebendiger gestalten konnte.

Nach einem ersten Durchgang fragte mich der Dozent: „Was willst Du erreichen?“ „Ich will die Leute NEUGIERIG machen“, sagte ich. „Ok, dann geh bitte in genau diese Haltung: Du willst die Leute NEUGIERIG machen. Verinnerliche Dir das. Und dann lies den Text noch einmal.“

Vielleicht hast Du auch schon einmal die Erfahrung gemacht, dass es Dir in einer Situation ganz leicht gelingt, einem anderen Menschen zum Beispiel etwas lebhaft zu erzählen. Trotzdem gibt es Situationen, in denen gelingt Dir das überhaupt nicht. Oft hat das etwas mit dem Subtext zu tun.

Das digitale Wörterbuch der deutschen Sprache stellt zum Begriff Subtext zwei Definitionen bereit:

  1. „einem Kunstwerk, besonders einer erzählenden Dichtung zugrundeliegender Text, Texthintergrund“
  2. „unterschwellig mitgeteilte Meinung, verborgene Botschaft; Nebenbedeutung, Unterton

Genau die zweite Bedeutung – die unterschwellig mitgeteilte Meinung, der Unterton sind es, die sich auf die Sprache (und vieles mehr) auswirken.

Ich habe das Wort Subtext zum ersten Mal in meiner Musicalgruppe kennengelernt. Meiner Regisseurin dort war es wichtig, uns möglichst viele Informationen zu unseren Rollen zu geben. Auch solche, die aus dem Text selbst nicht hervorgehen. In den Proben fragte sie dann immer wieder beispielsweise: „Wie stehst Du in Deiner Rolle zu dem, was gerade passiert? Wie findest Du das?“ oder auch „Wie stehst Du zu der Person, mit der Du gerade interagierst?“

Der Subtext ändert etwas daran, wie ich mich verhalte, wie ich mich bewege und auch an der Art, wie ich spreche – je nachdem, mit welchem Subtext ich in der Situation bin.

Falls Du die Wirkung eines Subtextes selbst ausprobieren willst:

  • Lies jemandem einen Text vor und denke dabei: „Das interessiert den sowieso nicht.“

Und dann nimm denselben Text, lies ihn noch einmal vor und denke Dir dabei:

„Das ist eine großartige neue Information für meinen Zuhörer, die ich hier teile.“

Ich bin mir sicher, Du wirst einen Unterschied merken.

Der Text, den ich aus meinem Buch vorgelesen habe, kam bei den Zuhörern mit dem Subtext „Ich will Euch NEUGIERIG machen“ intensiver und lebendiger an als im Durchgang vorher.

Wofür diese Information in Deinem Alltag gut sein kann?

Wenn Du zum Beispiel als Verkäufer in eine Verhandlung gehst und Dir denkst „die anderen Produkte sind sowieso viel besser“ oder „eigentlich ist unser Produkt viel zu teuer“ – wird Dein Kunde das merken.

Wenn Du eine Präsentation hältst mit den Gedanken „das interessiert die eh nicht“ – dann wird Deine Präsentation bei den Zuhörern vermutlich weniger Interesse wecken. Weniger, als wenn Du der Meinung bist, dass das, worüber Du sprichst, Deine Zuhörer weiterbringen wird.

Es lohnt sich also, vor (und auch in) einem Gespräch, für Dich wahrzunehmen, welcher Subtext gerade wirkt. Und aus diesem Text gegebenenfalls einen Text zu machen, der Dich Deinem Gesprächsziel näherbringt. Sinnvollerweise nur dann, wenn das mit der Realität vereinbar ist und Du ehrlich zu dem stehen kannst, was Du sagst.

Hast Du auch schon einmal erlebt, wie sich ein Subtext auf eine Gesprächssituation ausgewirkt hat?